Informationen zu Trauma und Sexueller Gewalt
Hier findesten Sie Informationen zum Thema Sexueller Gewalt und ihren Folgen sowie informatives über das Thema Trauma
Was ist sexuelle Gewalt?
Sexuelle Gewalt bzw. sexueller Missbrauch ist jede sexuelle Handlung, die an, mit oder vor Kindern gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können.
Kinder unter 14 Jahren gelten grundsätzlich als nicht zustimmungsfähig.
Als „sexualisierte Gewalt“ werden alle sexuellen Handlungen verstanden, die gegen den Willen einer Person durchgeführt werden. Dazu zählen z. B. Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder deren Versuch und sexualisierte Gewalt in der Kindheit.
Aber auch sexuelle Übergriffe in der Therapie oder in anderen Abhängigkeitsverhältnissen, sexuelle Misshandlungen oder sexuelle Folter, Zwangsprostitution, sexuelle Bedrohung und Belästigung am Telefon, auf der Straße, in Schule, Ausbildung, Beruf und anderswo.
Aber auch, wenn sexuelle Bedürfnisse (Wünsche nach sexueller Nähe oder nach Lustempfindungen) durch nicht-sexuelle Handlungen (z. B. durch Schläge, Demütigungen, Beschämung eines anderen) gewaltsam befriedigt werden, zählt das zum Missbrauch!
Diese Handlungen sind Formen von Gewalt und für diejenigen, die ihnen ausgeliefert sind, keine erwünschte Form der Sexualität. Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexualisierte Gewalt in der Kindheit sind Verbrechen und werden nach dem Strafgesetzbuch bestraft.
Noch ein paar Zahlen und Fakten :
Die Polizeiliche Kriminalstatistik von 2021 weist ca. 15.500 Fälle von angezeigtem sexuellem Missbrauch aus (§ 176, 176a, 176b StGB). Expert*innen gehen von einer 6- bis 20-mal höheren Dunkelziffer aus.
In 9 von 10 Fällen kommen die Täter*innen aus dem sozialen Umfeld der Betroffenen, in vielen Fällen aus der Familie.

Auf sexualisierte Gewalt und Missbrauch folgt in den meisten Fällen ein Trauma oder Traumafolgestörungen.
Doch was ist ein Trauma, und welche unterschiedlichen Arten von Traumata gibt es ?
Verschiedene Arten der Traumatisierung lassen sich zum einen dadurch unterscheiden, ob ein Trauma einmal oder wiederholt erfolgt ist. Dazu kommt noch, ob jemand das Trauma bewusst oder unbewusst erlebt hat. So können sich Traumata in fünf verschiedene Arten einteilen lassen:
1. Schocktrauma
2. Entwicklungstrauma /Bindungstrauma
3. Sekundärtrauma
4. Generationsübergreifendes Trauma
5. Soziales Trauma
Das Schocktrauma
Ein Schocktrauma entsteht in der Regel aus einem einzelnen Erlebnis. Dieses hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Ein Schocktrauma lässt sich nicht/in der Regel nicht abwenden und kommt immer aus dem Nichts. So kann der Grund für die Traumatisierung ein Unfall sein oder auch ein Angriff. Es hat aber immer Einfluss auf die Person, die das Trauma erlebt hat.
Auch das bloße sehen oder miterleben kann sich auswirken.
Ein Beispiel: Wenn ich Sie fragen würde: „Wo waren Sie und was haben Sie gemacht, als am 11. September 2001 die Flugzeuge in das World Trade Center geflogen sind?“, dann können Sie sich sehr wahrscheinlich daran erinnern. Ein traumatisches Ereignis wird meist unveränderlich im Gedächtnis gespeichert und verändert sich auch über die Jahre nicht. Hochtraumatisierend ist es hier natürlich insbesondere für die New Yorker selbst.
Das Bindungstrauma-/- Entwicklungstrauma
Ein Entwicklungstrauma ist eine tiefgreifende seelische Verletzung, die aus einem langen Prozess von Unterdrückung, gefühlter Hilflosigkeit und Gewalt entsteht. Entwicklungstraumata haben ihren Ursprung in der frühen Kindheit – insbesondere wenn ein Kind …
• in einem sehr strengen, repressiven oder gefühlskalten Elternhaus aufwächst.
• in einem chaotischen Elternhaus aufwächst.
• geschlagen oder vergewaltigt wird.
• direkt oder subtil abgelehnt oder gedemütigt wird.
• zu früh mit Erwachsenen-Aufgaben betraut wird (z. B. der Aufsicht über jüngere Geschwister).
• selbst Eltern mit psychischen Erkrankungen hat (z. B. Depressionen, Alkoholismus oder Persönlichkeitsstörungen).
• mit einer unentdeckten Entwicklungsstörung aufwächst (z. B. Autismus).
• häufig wechselnde Lebensmittelpunkte, Wohnorte, Länder oder Bezugspersonen hat.
Das sind nur die wesentlichen Ursachen. Auch bei weniger drastischen Ereignissen kann es zu Traumatisierungen kommen – z. B. durch Trennung, Arbeitsplatzwechsel, Umzug, Übernahme von zu großer Verantwortung oder die Geburt eines Kindes.
Traumatisch wird es immer dann, wenn das Individuum Ereignisse als bedrohlich wahrnimmt, keine Fluchtmöglichkeiten hat und sich die Überzeugung entwickelt, nicht richtig, nicht gut oder nicht erwünscht zu sein.
Sekundärtraumata
Sekundärtraumatisierungen sind Co-Traumatisierungen. Sie bezeichnen die psychische Traumatisierung, die bei Angehörigen und helfenden Personen durch die Begleitung und das Miterleben von direkter Traumatisierung entstehen kann. Diese Menschen zeigen häufig Symptome, die denen der primär Traumatisierten ähneln.
Sekundäre (oder indirekte) Traumatisierungen kommen, außer bei Angehörigen der Traumaopfer , z. B. bei Therapeut/innen vor. Aber auch Feuerwehrleute, Sanitäter/innen, Katastrophenhelfer/innen, Polizist/innen, Sozialarbeiter/innen, Krankenhauspersonal, Lehrer/innen usw. können betroffen sein.
Generationsübergreifendes Trauma
Unter einem generationsübergreifenden Trauma versteht man die Übertragung eines Traumas, dass eine bestimmte Person erlitten hat, auf deren Kinder oder die nachfolgenden Generationen.
Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen – direkt oder indirekt, und mit jeweils unterschiedlichen Auswirkungen und Reaktionen der jeweils betroffenen Person.
Dabei ist zu beachten, dass Eltern die psychischen Erkrankungen, wie z. B. Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) oder andere gesundheitlichen Folgen, nicht 1:1 an ihre Kinder weitergeben.
Jedoch kann bei den Nachkommen traumatisierter Eltern eine höhere Anfälligkeit für psychische Probleme und Erkrankungen festgestellt werden.
Wenn das Trauma von den Eltern oder auch Großeltern nicht aufgearbeitet oder integriert wurde, wirkt es sich zwangsweise auf den Umgang mit den eigenen Kindern bzw. Enkeln aus.
Wird das Trauma der Eltern nicht dem Alter des Kindes entsprechend kommuniziert, und erlebt das Kind in seinen Eltern oder erziehungsberechtigten Personen mit eigener Traumatisierung keine stabile und positive Bezugs- und Bindungsperson, ist das Risiko einer generationsübergreifenden Traumatisierung erhöht.
Soziales Trauma
Soziales Trauma betrifft umschriebene Opfergruppen und findet in einem gesellschaftlichen Kontext statt. Die Klassifikation von Traumafolgestörungen im DSM-5 ( *1) mit seiner gewollten Nicht-Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten des traumatischen Ereignisses klammert solche sozialen Faktoren aus. In der klinischen Praxis ist es selbstverständlich, beim Verstehen der individuellen Lebenssituation von Klient*innen oder Patient*innen deren persönliche Lebens- und Leidensgeschichte sehr ernst zu nehmen und dabei auch die relevanten Umweltfaktoren einzubeziehen.
*1 DSM-5 ist die Abkürzung für die fünfte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Das DSM stellt das dominierende psychiatrische Klassifikationssystem in den USA und spielt dort eine zentrale Rolle bei der Definition von psychischen Erkrankungen. In Deutschland haben wir den ICD-10.
Während das DSM ausschließlich psychische Störungen klassifiziert, enthält das ICD sämtliche medizinischen Erkrankungen.